Toronto-Girls #2 – Liza

Glücklich mit der Internats-Familie

Wie schon im Beitrag zu Greta zeigen die Toronto-Teilnehmerinnen von Breidenbach Education in diesem Jahr ganz beispielhaft, wie verschieden ein Auslandsjahr aussehen kann. Nach Greta wollen wir nun Liza aus Stuttgart vorstellen. Sie verbringt ihr Toronto-Auslandsjahr in einem Internat – dem Havergal College. Im dritten Teil unserer Toronto-Girls wird es dann um Merle gehen, die eine Privatschule mit Gastfamilie besucht. 

 

Los ging es für Liza mit dem Flug nach Kanada. „Es war alles ein bisschen turbulent“, erinnert sich die 15-Jährige. „Es war ja mein erster Flug, den ich alleine gemeistert habe, in ein Land, in dem ich noch nie alleine war.“ Dementsprechend schwierig fiel Liza der Abschied von ihren Eltern. Doch sie sagt sich: ‚Ich bin jetzt alleine unterwegs, aber ich kann das schaffen’.
Während des Fluges fühlte sich die Stuttgarterin sehr wohl und auch bei der Ankunft in Kanada klappte alles reibungslos. Sicherheitskontrolle, Study Permit und ab ins Taxi.

 

Ehe sie sich versah, war Liza im Havergal College angekommen. „Es war unglaublich“, lacht sie. „Alle waren irgendwie so froh mich zu sehen. Und ich hatte das Gefühl, dass mich auf eine komische Art und Weise jeder schon kennt und jeder wusste, dass ich komme.“ Nachdem Liza ihr Zimmer bezogen hat, erkundete sie das Internat mit seinen großen Hallen, den gotischen Bögen und efeubewachsenen Türmen. „Die ganze Schule sieht aus wie ein Märchenschloss“, beschreibt sie das College. „Es ist genauso wie ich es mir vorgestellt habe.“ Auch das Wetter spielte mit. Hochsommerliche Temperaturen und Sonnenschein pur begeisterten Liza bei den ersten Schritten durch die Schule und die neue Stadt.

Zimmernachbarin als Glückstreffer

Mit ihrer Zimmernachbarin Olivia versteht sich Liza sehr gut. „Sie ist wunderbar. Da bin ich sehr froh“, erklärt sie. „Alle finden, dass die Zimmeraufteilung gut geklappt hat. Es passt einfach.“ Für Liza, die Einzelkind ist, ist das Internatsleben eine ganz neue Erfahrung. „Ich fühle mich, als hätte ich auf einmal 50 Geschwister bekommen“, lacht sie. Im Zweierzimmer von Olivia und Liza haben beide jeweils einen Schrank, ein Bett und einen eigenen Tisch. Aus Stuttgart hat sich Liza viele Sachen mitgenommen und nun hat sie auch schon in Kanada geshoppt – so richtet sie ihr Zuhause auf Zeit nach und nach ein. 

 

Damit es nicht nur ein Zuhause auf Zeit ist, sondern sich das richtige Gefühl einstellt, sorgen sich die Lehrer rührend um die internationalen Schüler. „Klar, die ersten Tage waren unglaublich viel auf einmal“, erinnert sich Liza. „Aber ich habe bislang jeden Tag hier genossen und irgendwann wird alles routinierter und man gewöhnt sich ein. Man wird sofort einbezogen in alle Aktivitäten, das ist super.“

 

Schon in der ersten Woche ging es für Liza und die anderen Schülerinnen auf einen dreitägigen Ausflug. „Wir waren in einem Camp mitten in der Natur direkt an einem See im Wald und es war wunderschön“, schwärmt die 15-Jährige. „So konnten wir uns besser kennenlernen, im Team aktiv werden und die Umgebung erkunden. Das war wirklich sehr hilfreich für mich. Man lernt die Mädchen einfach in einem anderen Umfeld kennen.“ 

 

Und auch während der normalen Schulzeit hat Liza die Möglichkeit, jede Menge Freizeitangebote auszuprobieren. „Ich nehme am Ruderkurs teil“, erzählt sie. „Dafür stehe ich jeden Morgen früh auf und gehe runter ins Erdgeschoss der Schule. Da ist das Fitnesscenter. Dort habe ich mein Rudertraining, sogar samstags. Im Frühling werden wir dann auf den Lake Ontario gehen und dort rudern.“ Darauf freut sich Liza schon. Der Ontariosee gehört zu den fünf großen Seen Nordamerikas, die durch Flussläufe miteinander verbunden sind, durch den See verläuft auch die Grenze zwischen Kanada und den USA.  

Struktur als Roter Faden durch den Tag

Generell gilt für die Internats-Schülerinnen, dass es immer irgendetwas zu tun gibt. Wer also Lust hat, sich zu engagieren, hat vom Sport- über den Kunstclub bis zum Theater jede Menge Möglichkeiten. Nach Schulstunden und Freizeitaktivitäten gibt es Abendessen und danach ist Zeit zum Lernen. „Es ist nicht jeder Tag gleich, aber die Struktur ist ähnlich“, erklärt Liza. „Das hat mir geholfen, mich besser einzugewöhnen. Man fühlt sich dann nicht so verloren, sondern hat einen roten Faden, an dem man sich festhalten kann.“

 

Auch in der Schule hat sich Liza dadurch gut eingefunden. „Am Anfang ist es schon schwierig wenn alles plötzlich auf Englisch ist“, lacht sie. „Vor allem die naturwissenschaftlichen Fächer. Aber man gewöhnt sich schnell dran.“ Mittlerweile ist Liza so gut in der englischen Sprachumgebung angekommen, dass ihr manchmal schon die deutschen Worte fehlen. Sie schreibt zweiseitige Chemiereferate auf Englisch und fühlt sich auch für die Tests bestens gewappnet. „Ich lerne viel, aber wenn man nicht Muttersprachler ist, bekommt man auch ein bisschen Zeit extra und die Lehrer drücken auch mal ein Auge zu“, erklärt sie. „Da kann man dann für eine Aufgabe auch mal länger brauchen.“ 

 

Im Havergal College gibt es Mädchen vom Kindergarten-Alter bis zum Schulabschluss. Die Klassen 9 bis 12 werden im Internats-System angeboten. Schon in den ersten Tagen waren alle Schülerinnen sehr interessiert an Liza. „Alle waren ganz hellhörig“, erinnert sie sich. „Dadurch, dass ich aus einem anderen Land komme, habe ich schnell Freunde gefunden. Alle kommen einfach auf einen zu und sprechen einen an. Man hat eben sofort ein Gesprächsthema. Auch mit den Lehrern und Erzieherinnen.“ 

Kleine Internats-Familien

„Ich möchte eigentlich nicht so gern Erzieherin oder Aufseherin sagen“, berichtigt sich Liza. „Für mich ist das nicht so. Hier im Internat gibt es viele kleine Familien. Jede dieser Familien hat rund zehn Kinder und eine Familienmutter, das ist eben die Erzieherin. Also für mich ist es eher so als würde ich bei meiner Großcousine wohnen oder bei meiner Tante. Das ist alles sehr freundlich, eng und familiär.

 

Auch das ist ein Grund, weshalb Liza ihre Familie nicht so sehr vermisst – sie fühlt sich in der Internats-Familie geborgen. „Ich bin ja jetzt echt schon eine Weile hier und ich war noch nie so lange Zeit alleine von zuhause weg“, sagt sie. „Ich bin stolz, dass ich das so gut meistere.“ Trotzdem hat Liza fast täglich Kontakt mit ihren Eltern, es tut ihr gut, zu wissen, dass sie an sie denken. Sie texten, whatsappen und manchmal hören und sehen sie sich über Skype. „Wenn ich sie sehe, dann hätte ich schon manchmal gern eine richtige Umarmung. Aber das geht eben nicht und dann ist es auch in Ordnung so“, erklärt die Stuttgarterin. „Im Schulalltag vergesse ich manchmal auch fast, sie zu vermissen, weil ich so viel Anderes im Kopf habe, dass ich dafür gar nicht genug Zeit habe.“

Liza als Vertreterin Deutschlands

Und nicht nur der Schulalltag lenkt Liza ab, auch in der Stadt Toronto – einer Metropole mit über 5 Millionen Einwohnern – ist immer etwas los. „Es gibt so viel zu sehen“, beschreibt Liza. „Nun war Halloween und alles war dekoriert. Es wird einem nie langweilig.“ Schon beim Blick aus dem Flugzeug war Liza begeistert. „Ich habe den CN-Tower gesehen und ich habe mich sofort gefreut.“ Und so macht sich die 15-Jährige immer wieder auf, die Stadt zu erkunden. Die Größe war zu Beginn verwirrend für Liza, aber die älteren Schülerinnen des Havergal College nahmen die Neulinge einfach mit und zeigten ihnen alles. „Irgendwann findet man sich dann auch zurecht“, erklärt die Stuttgarterin. „Die Tipps von den älteren Mädels helfen dabei. Außerdem haben wir auch eine Stadt-Rallye gemacht. Die war wirklich toll.“ 

 

So lernt Liza Toronto immer besser kennen. Sie geht ins Kino, isst Poutine, besucht den Freizeitpark, nimmt am Schulfest teil und muss auch schon immer öfter ihren Wintermantel anziehen. „Meine Mutter hat ihn mir aus Deutschland geschickt“, erzählt sie. „Den werde ich sicher brauchen während des kanadischen Winters.“ Gemeinsam mit ihren neuen Freundinnen aus den verschiedensten Teilen der Welt freut sich Liza auf alles, was ihr in den kommenden Monaten bevorsteht. „Es ist toll, Mädchen aus China, Japan, Spanien, Mexiko, den USA und Kanada zu kennen“, erklärt sie. „Ich fühle mich wie auf einem politischen Gipfel, auf dem ich Deutschland vertrete.“

 

Im kommenden Post erfahrt ihr, wie es der dritten Toronto-Teilnehmerin von Breidenbach Education geht. Merle besucht eine Privatschule in Toronto und lebt bei einer Gastfamilie.