Der Traum vom Landleben: Kanada pur!

Ich war ab September 2021 für ein halbes Jahr am Gilbert Plains Collegiate. Die Schule liegt sehr ländlich in der Gemeinde Parkland Region in Manitoba. 

Mein älterer Bruder war für ein halbes Jahr in Neuseeland und ich wollte auf jeden Fall auch ein High School-Aufenthalt in einem englischsprachigen Land erleben. Wichtig war mir, dass ich dort einen kalten Winter kennenlernen kann. Das war toll, wir hatten tatsächlich Temperaturen bis zu – 30 Grad. 

 

Breidenbach Education als kleine Organisation, die nur auf Kanada spezialisiert ist, hat mir gut gefallen. Bei dem eintägigen Vorbereitungsseminar, einige Wochen vor meiner Abreise, hatte ich schone viele andere Gastschüler:innen kennengelernt und wir sind in einer kleinen Gruppe mit vier Mädchen, die auch in meinem Schuldistrikt an unterschiedlichen Schulen angemeldet waren, gemeinsam nach Kanada geflogen. Es gab eine genaue Anleitung von Breidenbach und die Anreise war leichter als erwartet. 

 

Am Gilbert Plains Collegiate gibt es nur 55 Schüler:innen insgesamt. Ich war die einzige internationale Gastschülerin dort. Ich wurde sehr herzlich aufgenommen. An einer so kleinen Schule geht es sehr familiär zu und jeder kennt jeden. Alle Lehrer:innen sind dort sehr freundlich und es herrscht immer eine entspannte Stimmung. In der Schule gibt es Mikrowellen, so dass die Schüler:innen das Essen von zuhause mitbringen können. Das war toll und praktisch! 

 

Sprachliche Probleme gab es nicht. Natürlich dauerte es einige Wochen bis ich nicht mehr überlegen musste, was ich sagen will. Dann gab es eine kurze Phase, wo ich Englisch und  Deutsch vermischt habe und es so aussah, als ob ich wieder schlechter Englisch sprechen würde als am Anfang. Das war aber nur eine kurze Phase und lag daran, dass ich nicht mehr die einzelnen Worte übersetzt hatte beim Sprechen. Danach habe ich sehr fließend und ohne Probleme auf Englisch gesprochen.

 

Ich hatte auch keine Probleme dem Unterricht zu folgen. Im Fach Biologie konnte ich sogar eine Klasse überspringen. Von den Lehrer:innen gibt es deutlich mehr Hilfestellung in allen Fächern, als in Deutschland und es wird viel Wert darauf gelegt, dass alle Schüler:innen den Stoff verstanden haben, bevor das nächste Thema begonnen wird.

 

Jede Schüler:in wählt vier Fächer, die für ein Halbjahr unterrichtet werden. Ich hatte Mathe, Bio, Fotografie und „Vision“ (very important stuff that you obviously need) gewählt. In Vision ging es darum, sich einen Karriereweg -bei mir war es Filmproduction - auszudenken und diesen vollständig zu planen (welchen Abschluss, welche Ausbildung…). Das war spannend. In Kanada gibt es viel mehr Fächer, die einen auch persönlich weiterbringen.

 

Der Mountain View Schuldistrikt organisiert jeden Monat für alle internationalen Gastschüler:innen gemeinsame Aktivitäten, wie Skifahren und Bowlen. Wir waren eine Gruppe von 20-30 Gastschüler:innen aus Südamerika, Kolumbien, Mexico, Japan und Dänemark. Es war ein sehr schönes Gruppengemeinschaftsgefühl, alle haben sich untereinander gut verstanden und es wurde ausschließlich Englisch gesprochen.

 

Meine Gasteltern wohnen sehr ländlich auf einer Farm mit zwei Kühen, zwei Kälbchen und vier Pferden. Sie haben mich sehr herzlich aufgenommen und wir haben ein tolles Verhältnis. Glücklicherweise hatten sie viel Zeit, da im Herbst/Winter die Landwirtschaft pausiert. Mit dem Schulbus bin ich morgens etwa eine halbe Stunde zu meiner Schule gefahren. Für alle anderen Aktivitäten, haben meine Gasteltern immer angeboten, mich zu fahren. Selbst, wenn ich nur in unseren kleinen Ort gegangen bin, den ich sehr leicht zu Fuß erreichen konnte. In Kanada ist es üblich, alle Wege mit dem Auto zu erledigen.  

 

Jedes Wochenende haben wir mit einer befreundeten Familie und deren Kindern einen großen etwa vierstündigen Ausritt in den Nationalpark „Riding Mountains“ unternommen. Darauf habe ich mich immer sehr gefreut. Auf den Ausritten haben wir Kojoten, Schneeeulen, Adler, Waschbären, Biber und sogar einmal einen Schwarzbären gesehen. Die befreundeten Kinder waren jünger als ich, aber wir haben uns sehr gut verstanden.  

Es gab einen Schulkameraden in der Nachbarschaft. Er hatte einen Quad und war somit mobil. Wir haben uns öfter getroffen und sind auch einmal zusammen ausgeritten, er auf dem Quad und ich auf dem Pferd.

Für zwei Tage war ich mit meinen Gasteltern in Winnipeg, weil meine Gastmutter dort einen Arzttermin hatte. Winnipeg war für mich aber nicht so spannend, denn ich wollte ja das Landleben kennenlernen.

 

Das Landleben in einem so großen und weitläufigen Land wie Kanada kennenzulernen, war eine tolle Erfahrung. Allerdings muss jede Aktivität längerfristig geplant werden. Daran musste ich mich erst einmal gewöhnen. 

 

Die Kanadier sind sehr herzlich und sie zeigen immer sehr deutlich, wie froh sie sind, wenn sie sich treffen. Das hat mir sehr gut gefallen. Meine größte Herausforderung in Kanada war daher auch das Ende meines Aufenthalts und das Gefühl, jetzt sehe ich die Menschen und Orte vielleicht das letzte Mal.

 

Über die sozialen Medien ist es glücklicherweise unkompliziert möglich, weiterhin Kontakt zu halten. Mit meinen Gasteltern und meinen kanadischen und internationalen Freunden, die ich in Kanada kennengelernt habe schreibe und telefoniere ich auch weiterhin regelmäßig.